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Channel: Kommentare zu: Vasektomie – Sterilisation beim Mann, ich hab´s getan
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Von: Gerhard H.

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Hallo.
Das Thema Vasektomie scheint mir zu wichtig, um das unkommentiert zu lassen.
Um gleich vorweg mein Fazit zusammenzufassen: Lasst bloß die Finger von Sterilisationsoperationen!!!
Nach 4 Jahren durchtrennte Samenleiter habe ich mich für eine Rückoperation entschieden. Und das, obwohl ich absolut keinen Kinderwunsch hatte.
Ich ließ mich mit 42 Jahren und mit 3 Kindern vasektomieren. Unser Sexleben war sehr erfüllt, da wir aber keine hormonellen Verhütungsmittel einsetzen wollten, hat es uns natürlich schon gestört, jedes Mal ein Kondom nehmen zu müssen. Außerdem waren wir mit den 3 kleinen Kindern schon sehr am Belastungslimit und hätten uns mit einem vierten sehr überfordert gefühlt. Deswegen ist es mir irgendwie logisch vorgekommen, als moderner und verantwortungsbewusster Mann diesen „harmlosen“ Eingriff über sich ergehen zu lassen, schließlich sollte ich jetzt mal was für die Verhütung tun und über machohafte Eitelkeiten steht man wohl drüber, nicht wahr? Auch meiner Frau zuliebe dachte ich, das sei eine gute Investition in eine gut geplante Zukunft. Nie im Leben dachte ich daran, dass gewisse psychlogische Probleme, die daraus entstehen könnten, auch mich treffen könnten. Ich habe schlicht nicht bedacht, dass das ein tiefer Schnitt in das Selbstverständnis eines Mannes ist.
Der Eingriff per No Scalpel-Methode an sich war tatsächlich unspektakulär und schnell vorbei. Danach hat sich aber wochenlang alles wie eine offene Wunde angefühlt. Der linke Hoden tat mir monatelang weh. Ich hatte nie die starken Schmerzen von denen andere berichten, aber ein gewisses Ziehen und Drücken ist danach nicht mehr weggegangen und hat mich ständig an den Eingriff erinnert. Anfangs haben wir die neue Freiheit schon genossen, aber ich merkte mehr und mehr, dass der „Zauber“ am Sex irgendwie nicht mehr da ist. Es ist schwer in diesem Zusammenhang psychosomatische und physische Beschwerden auseinanderzuhalten, aber umso länger die Vasektomie vergangen war, umso mehr stellten sich psychische Probleme damit ein. Ich konnte am Schluss keine Hochzeitsfotos von anderen mehr ansehen, empfand tiefe Trauer, wenn ich kleine Kinder sah. Auch im Berufsleben litt mein Selbstwert. Ich fühlte mich irgendwie entwertet. Vor allem meine Begeisterungsfähigkeit, einer meiner größten Stärken, war plötzlich nicht mehr da. Möglicherweise alles eine Einstellungssache, eine reine Kopfsache, aber wie gesagt, ich hätte nicht gedacht, dass ich da nicht drüberstehen würde.
3 Jahre später hatte ich dann plötzlich einen sehr niedrigen Testosteronwert. Der Urologe sagte natürlich, dass das damit nichts zu tun haben kann. Das Alter, beruflicher Stress, etc. sind dafür verantwortlich. Wie auch immer. Irgendwann hielt ich den Zustand nicht mehr aus, habe mir einen Termin für eine Vaso-Vasostomie vereinbar, fast ein Jahr später, damit das bloß auch gut überlegt ist.
Diese Operation war schon heftiger, es müssen ja die Samenleiterstümpfe gefunden, freigelegt und mikrochirurgisch neu verbunden werden. Es hat soweit geklappt, ich hatte nach einem Test nach einem Monat wieder Spermien im Ejakulat. Die meisten psychischen Probleme waren wie weggeblasen, auch das ständige Ziehen und Drücken im Hoden. Auch das Gefühl beim Ejakulieren war wieder das alte bekannte Abspritzen aus der Tiefe heraus, nicht dieses „flache“ vasektomierte Ejakulieren. Testosteron muss ich erst messen lassen, fühlt sich aber wieder ok an. ABER: Die Odyssee ist nicht vorbei. Leider habe ich mir bei der Rückoperation eine unangenehme Hydrozele eingefangen. Nach fast zwei Monaten ist das jetzt deutlich besser, aber ob das wieder gut wird, oder gar eine weitere Operation notwendig macht, ist noch nicht klar. Somit bleibt die Sache weiter ein äußerst belastendes Thema…

Also: Bloß keine Vasektomie! Bei nachträglich Betrachtung kann ich gar nicht fassen, wie vertrottelt es war, ein derartiges Risiko einzugehen und den größten Genuss im Leben, meine Sexualität dermaßen auf Spiel zu setzen!


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