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Channel: Kommentare zu: Vasektomie – Sterilisation beim Mann, ich hab´s getan
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Von: Daniel

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Hallo allerseits,

nachdem mich dieses Forum in den letzten Wochen vor meiner OP auf meinem „Leidensweg“ begleitet hat und viel zu meiner Entscheidung, es zu tun, beigetragen hat, möchte ich nun auch ein wenig zurückgeben und von meinen Erfahrungen berichten. Um es vorweg zu nehmen: Bei mir lief leider nicht alles so glatt wie bei vielen anderen, die sich hier verewigt haben…
Wie bei vielen anderen kam bei uns Mitte Dezember 2016 die Diskussion um das Thema Verhütung auf, als bei meiner Partnerin (42) die Spirale auslief und sie vor der Entscheidung stand, diese zu ersetzen oder auf Alternativen auszuweichen. Da sie 3 und ich 2 Kinder in unsere Beziehung einbrachten, war das Thema Kinderwunsch für uns abgehakt. Da ich vor längerer Zeit schon einmal (voreilig) erwähnt hatte, dass ich mir eine Vasektomie vorstellen könnte und sie das Thema nun immer wieder mal andiskutierte, wurde diese Option umfassend gewälzt. Wie schon viele Vorredner beschrieben, findet man im Internet viele Informationen und Argumente – dafür aber vor allem dagegen. Dies und der Umstand, dass auch sehr anschauliche Videos verfügbar sind, machte mir die Entscheidungsfindung sehr schwer. Einerseits wollte ich meine Partnerin entlasten und Verantwortung übernehmen, andererseits hatte ich große Sorge und ja, auch regelrecht Panik,
vor dem eigentlichen Eingriff. Nicht zuletzt die vielen positiven Berichte auf dieser Seite haben mich dazu bewogen, zunächst einen Beratungstermin und schließlich auch einen OP-Termin für Anfang Februar zu vereinbaren. Ein bisschen stand ich bei der ganzen Sache unter Zeitdruck, da ich als leidenschaftlicher Rennradfahrer die kalte Jahreszeit für den Eingriff nutzen wollte um pünktlich zum Frühlingsanfang wieder auf dem Rad sitzen zu können. Trotzdem zog sich die Zeit bis dahin unendlich und für mich gab es fast nur
noch DIESES EINE THEMA. Es war bei mir tatsächlich ein Auf und Ab: An einem Tag überwogen für mich die Vorteile und am nächsten suchte ich alle Gründe die dagegen sprachen zusammen und lehnte den Eingriff ab.

Wie auch immer, der Beratungstermin kam und ich ging voller Erwartungen und in Begleitung meiner Partnerin in die Praxis und ließ mir alles erläutern. Der Arzt, Mitglied des weiter unten bereits empfohlenen Vasektomie-Experten-Netzwerkes, machte einen seriösen und kompetenten Eindruck und nahm sich für das Erstgespräch und meine Fragen viel Zeit. Letztlich blieb bei mir hängen, dass „nach zwei Wochen wieder alles wie vorher wäre“. Mit diesem Credo überstand ich irgendwie die letzte Woche vor der OP und am 01.02.2017 war es dann soweit. In Begleitung meiner Partnerin – ich hielt das damals für eine gute Idee und „paarfördernde“ Maßnahme, sie dabei zu haben – ließ ich den Eingriff über mich ergehen. Der Ablauf wurde schon oft genug beschrieben, rein körperlich letztlich eine überschaubare Sache und die Schmerzen hielten sich sehr in Grenzen. Insgesamt empfand ich das Ganze als sehr demütigende Angelegenheit, aber das lag vielleicht auch an meiner Einstellung.

Nun gut, leider gab es bei mir jedoch in Nachhinein große Komplikationen: Es entwickelte sich aufgrund des Eingriffs eine schwere Nebenhodenentzündung auf einer Seite (Wahrscheinlichkeit dafür eigentlich unter 5 Prozent…). Dadurch hatte ich drei Monate starke Schmerzen und seitdem ein sehr unangenehmes Empfinden, dass ich wohl dauerhaft behalten werde. Dies alles wurde in mehreren Nachuntersuchungen kleingeredet und als unproblematisch hingestellt, ab der dritten Nachuntersuchung wird dann auch nicht mehr per Ultraschall kontrolliert, sondern nur noch wegdiskutiert – man fühlt sich dabei wie das Letzte! Habe mir danach eine Zweitmeinung einholen müssen, in der mir die schmerzverursachenden Stellen gezeigt und ich darin bestätigt wurde, dass eben NICHT „alles in Ordnung“ war. Ich brauche nicht erwähnen, dass das Thema Rennrad seitdem kein Genuss mehr, sondern eher Qual ist… Im Bett funktioniert alles noch, aber wirklich Spaß macht es keinen mehr, wenn man ständig unfreiwillig „daran“ erinnert wird. Dazu kommt, das sagt einem auch keiner vorher, dass man die Schnittstellen deutlich fühlt, wenn man sich in dieser „Gegend“ berührt. Ich finde dieses Gefühl sehr abstoßend und war entsetzt als der Arzt mir sagte, dass dies für immer so bleibt.

Aus all dem haben sich letztlich anhaltende psychische Probleme bis hin zu suizidalen Gedanken entwickelt und jetzt, nach fast einem halben (Leidens-) Jahr steht der Entschluss fest, den „Fehler meines Lebens“ durch eine Refertilisierung wieder rückgängig zu machen. Ich hoffe einfach darauf, dass alles irgendwann so wird wie früher – auch wenn das wahrscheinlich naiv ist.

Aus meinen Erfahrungen kann ich also nur dazu aufrufen: Nehmt euch lieber Zeit für die Entscheidung und lasst die OP nur vornehmen, wenn ihr euch ABSOLUT sicher seid! Alles andere bereut ihr bis an euer Lebensende. Und lasst euch nicht von dem sogenannten Vasektomie-Experten-Netzwerk blenden, dass ist lediglich bezahlte Werbung und hilft in wirklich schwierigen Situationen NICHT weiter!

PS: Die Beziehung zu meiner Partnerin habe ich beendet, da ich ihr die Schuld an all dem gebe. Ohne
sie wäre ich nie auf dieses unheilvolle Thema gekommen und hätte mein schönes Leben weiterleben können.


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